Auch in den aktuellen Aktionen wird deutlich: Die Klimabewegung stellt den herrschenden 'Klimakolonialismus' - so wird von Bewegungen aus dem Globalen Süden die derzeitige Situation benannt - mehr ins Zentrum. Wie gravierend dieser ist, zeigt schon eine einzige Zahl: Wären beim Klimagipfel 2009 in Kopenhagen die noch pro Kopf "zur Verfügung stehenden" CO"-Emissionen, um unter dem 1,5-Grad-Ziel zu bleiben, pro Kopf aufgeteilt worden, dann hätte Deutschland die seinigen inzwischen verbraucht.

Schon damals führten allein 50 Vertreter*innen von Bewegungen aus dem Globalen Süden eine Handel-Macht-Klima-Karawane durch: von Protesten gegen ein Treffen der Welthandelsorganisation in Genf hin zu den Protesten gegen den Klimagipfel in Kopenhagen. Badrul Alam aus Bangladesh machte damals deutlich: Die sechs Jahreszeiten in seinem Land waren damals schon zerstört. Der Norden verwüstet, der Süden leidet unter Überschwemmungen und Versalzung des Bodens. Und die dadurch ohne Lebensgrundlage bleibenden Menschen wurden und werden zu Zwangsmigrant*innen. "Die Industrieländer heizen die Erde auf, und wir sind die Opfer. Ein Drittel unseres Landes wird untergehen, 30 Millionen Menschen sind davon direkt betroffen – sollen wir in Booten leben?"

Muhamad Karim La Moha aus Indonesien forderte Nicht-Wachstum; durch den Klimawandel gingen auch die seichten Fischgründe kaputt. Der Anstieg der Meerestemperatur führe zum Sterben der Korallenriffe, was wiederum zum Sterben der Fische führe, und darum könnten sie als Fischer immer weniger fischen. Der Vorschlag aus dem Globalen Norden, Korrallenschutzgebiete auszurufen, bedeute, dass es zwei Millionen Fischer*innen nicht mehr erlaubt sei, in ihren traditionellen Fischgründen zu fischen. Sie sollten doch in Fischfabriken anheuern, hieße es nun... Ihre Ernährung bestünde nun in "Müllfisch", welcher von den Trailors weggeschmissen werde. Der industrielle Fischfang aber zerstöre nicht nur endgültig auch die Lebensweise von ihnen als fisher folk, sondern produziere auch wiederum große Mengen an CO2.

Giuseppe Villalaz aus Panama ist selbst Kuno - jenen Indigenen, deren Inseln die ersten sind, die verlassen werden mussten, weil sie schon überschwemmt werden. Zudem erzählte er, wie ihre Lebensgrundlage als Indigene zerstört wird durch die Kommerzialisierung der Wälder sowie deren Verwandlung in Eukalyptusplantagen im Zuge von REDD+, einer jener marktbasierten Scheinlösungen gegen den Klimawandel. Die Idee sei, Bäume "zu produzieren": Da werde in Monokulturen einfach Baum = weniger CO2 = Geld gezählt; für sie aber sei der Wald "unser Essen, unser … - alles! unsere Mutter Erde". Sie als Indigene aber würden vertrieben und das bedeute auch den Verlust ihres traditionellen Lebens. Benito Calixto Guzmán von den Quechua Mapuches aus Peru erinnerte daran, dass sie seit bereits 20.000 Jahren dort wohnen. Da war es gerade zwei Tage her, das zwei Anführer ihrer Widerstands­bewegung ermordet wurden; wenige Monate zuvor hatte es ein Massaker gegeben. "Leider ist unser Gebiet reich an Ressourcen".

Alexandra Almeida aus Ecuador erinnerte daran, wie auch Deutschland sich weigerte, ihr Land dabei zu finanziell unterstützen, den Urwald nicht für "den für andere Menschen unglaublich hohen Ölverbrauch in Industrieländern" opfern zu müssen. Subramaniam Kannaiyan von der indischen Bauernbewegung stellte klar: "Der Klimawandel wird sich nicht ändern, solange das Handelssystem nicht geändert ist". Leonor Viloria Gonzalez von der Organisation Die Stärke der Frauen Wayuu stellte klar, "Wir haben eine klare antikapitalistische Position. Dieser ist der Grund für das Umwelt- und Klimaproblem der Welt". Auch von ihr wurde eine Companera im Laufe der dreiwöchigen Karawane ermordet. Leonor betonte noch, dass Klimagerechtigkeit nicht durch Geld allein geschehen könne, sondern dass es auch um ein anderes Verhältnis zur Mutter Erde gehe. Michelle Pressend aus Südafrika sprach von einem "völlig anderen Paradigma, das die Rechte und die Bedürfnisse der Menschen befriedigt".

"Dem Klimawandel kann nicht durch technische Lösungen beigekommen werden", so Roland Vibal von den philippinischen Fischer*innen. Und er betonte schon damals: "Es kann nicht nur darum gehen, dass ihr uns versteht, sondern wir erwarten von Euch, dass Ihr Euren Teil macht: das System so zu verändern, dass es eine Welt neu erschafft, die nicht vom Konsum der Umwelt lebt. Die lebenswert ist für alle Menschen vom Norden und vom Süden. It is you now! We count on you! Kick out your governments!"

Dabei waren und sind die erwähnten Menschen und Bewegungen aber alles andere als untätig. Landbesetzungen, Ökologisierung und Selbstorganisierung sind wesentlich dabei. "Das ist wie ein Haus – ich kann nicht einen Teil des Daches einfach entfernen – wir müssen alle überall daran arbeiten, dass die Decke bleibt und dass wir alle geschützt sind. Darum geht es: dass wir alle gemeinsam zusammen leben, in Respekt voreinander." Und Badrul schloss: "We are the people who have the power to resist."

Quelle: eine, die dabei war

Möglichkeiten, sich aktuell zu informieren: https://taz.de/Klimakrise-und-Rassismus/!5691419/; https://stillburning.net (Still Burning ist ein transnationales Projekt. Die Idee entstand im Kontext des Bündnisses deCOALonize Europe. Die Produzent*innen knüpften an die Verbindungen der globalen Bewegung für Klima­gerechtigkeit an, und begannen mit Aktivist*innen und Filmschaffenden aus Russland und Kolumbien das gemeinsame Filmprojekt. Dank dieser Zusammenarbeit konnte die Webserie klimafreundlich ohne Flüge rund um die Welt produziert werden.); https://www.medico.de/school-of-resistance-17750/ (Episode 2); https://digitale-schulakademie.de/klimawandel-als-unterrichtsthema - und vielerorts mehr.

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