"Systemrelevanter Bagger besetzt - Klimaprotest in der Lausitz", meldet heute das Nachrichtenportal Lausitznews.de. Systemrelevanter Bagger??
Im nordrhein-westfälischen Garzweiler wurden gleichzeitig weitere sechs Bagger besetzt. Die rund hundert Aktivist*innen der Initiativen Einsatz Kohlestopp und Ende Gelände fordern, die Kohlekraftwerke sofort abzuschalten und das geplante Kohlegesetz, das am 3. Juli vom Bundestag beschlossen werden soll, zu stoppen. „Das geplante Gesetz ist ein Klima-Verbrechen. Mit diesem Kohleverlängerungsgesetz finanziert die Regierung noch zwei weitere Jahrzehnte eine zerstörerische Industrie. Gegen diesen Klima-Wahnsinn leisten wir heute zivilen Ungehorsam. Wenn die Regierung sich auf die Seite der Kohle-Lobby stellt, sorgen wir in den Gruben selbst für Klimaschutz und blockieren die Bagger“, erklärte Ronja Weil, Sprecherin von Ende Gelände. Die Pläne der Bundesregierung, bis 2038 Kohle zu verstromen, verunmöglichten, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Dass das jetzt schon vielleicht gar nicht mehr möglich ist, zeigen neue von den Vereinten Nationen veröffentlichte Studien, womit selbst die bisherigen allerschlimmsten Annahmen zum Klimawandel noch nicht weit genug gehen: Jüngste Modellierungsdaten deuten demnach darauf hin, dass das Klima wesentlich empfindlicher auf Kohlenstoffemissionen reagiert als bisher angenommen. Wenn sich dies bestätige, seien die Projektionen "unglaublich alarmierend". Verglichen mit der letzten Bewertung im Jahr 2014 zeigt ein Viertel der Messergebnisse eine viel stärkere Klimasensibilität bei verdoppelter CO2-Menge in der Atmosphäre - von 3 Grad Celsius auf 5 Grad Celsius.
Das gilt als noch nicht gesichert. Doch um es mit den Worten von Klimaforscher Stefan Rahmsdorf für den bisherigen Stand von 4 Grad Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts bei einem Weiter-So zu sagen: "Das wäre dann wirklich ein komplett anderer Planet. Wir können uns diese vier Grad eigentlich kaum vorstellen, da werden möglicherweise ganze Kaskaden von Kipppunkten erreicht sein, die dann wie Dominosteine einander auslösen".
„Das Kohlegesetz ist das beste Beispiel dafür, dass kurzfristige Profitinteressen mehr zählen“, begründete Zade Abdullah von „Einsatz Kohlestopp“ die heutige Aktion. „Es zeigt, dass wirksamer Klimaschutz in diesem Wirtschaftssystem nicht möglich ist. Die Überwindung des Kapitalismus ist die Überlebensaufgabe unserer Generation.“
Die Aktionen sind der Auftakt einer bundesweiten Woche des Widerstands, in der unterschiedliche Gruppen der Klimagerechtigkeitsbewegung ihre massive Kritik an dem Kohlegesetz deutlich machen. Im Aufruf von Ende Gelände heißt es: "Wir können nicht zulassen, dass die längst unrentable Kohleindustrie mit Staatshilfen künstlich am Leben gehalten wird. Wir können nicht zulassen, dass die Regierung den Kohle-Konzernen ihr klimazerstörerisches Geschäftsmodell vergoldet und damit unsere Zukunft verfeuert. Ende Gelände ruft deshalb für das kommende Wochenende, 27. und 28. Juni, zu dezentralen Aktionen des zivilen Ungehorsams auf." Das aber ist noch nicht alles: Die gesamte Aktionswoche geht noch bis 3. Juli.
Na, denn man tau. Und gegebenenfalls an die feministische Erkenntnis denken: (System-)relevant können auch scheinbare Kleinigkeiten sein.