3.373 Gesundheitsfachleute, Virolog*innen und Menschenrechtler* aus 53 Ländern fordern die sofortige Evakuierung von Menschen aus den Lagern an der europäischen Grenze. Einige von ihnen werden hierfür heute an einem vorher nicht bekannt gegebenen Ort demonstrieren - während alle, die auch dafür sind, die Kund-gebung live im Internet verfolgen können.
446 Millionen EU-Bürger*innen werden derzeit ermahnt, körperlich auf Abstand zu gehen. An der Grenze Europas auf den griechischen Inseln befinden sich jedoch mehr als 42.000 Kinder und Erwachsene in Lagern, die für nur 6.000 Personen ausgelegt sind. Abstand halten oder Hände waschen sind für sie so gut wie unmöglich. Sauberes Wasser, sanitäre Einrichtungen, Elektrizität, Sicherheit und Zugang zu Gesundheits-diensten fehlen - viele Organisationen haben ihre Mitarbeiter* abgezogen, medizinische Versorgung im Lager ist auf ein Minimum reduziert, die Zahnklinik geschlossen.
Auf 1000 Kalorien pro Tag wurde in dem Camp Moria Ende März die Essensversorgung für Kinder und Jugendliche reduziert. Pro Familie wurde die Ausgabe von Trinkwasser in Flaschen auf 9 Liter pro Tag herabgesetzt – auch für jene mit mehr als 6 Personen.
Wenn das Virus auf diese schlecht genährten, angeschlagenen Menschen trifft – darunter Kinder mit chronischen Krankheiten, ältere Menschen, Neugeborene und schwangere Frauen – droht eine ungebremste Katastrophe. Der Tagesspiegel nennt Moria eine Todesfalle. Mehr denn je ist es an der Zeit, die Lager auf Lesbos und anderswo zu evakuieren. Viele Gemeinden in Deutschland haben ihre Bereitschaft dazu erklärt. Dass Innenministerium unter Horst Seehofer aber blockiert.
„Als Fachleute des öffentlichen Gesundheitswesens und Wissenschaftler*, die sich mit Migration, öffentlicher Gesundheit, humanitärer Hilfe und der Kontrolle von Infektionskrankheiten befassen, fordern wir die Europäische Kommission und den Europäischen Koordinator für Katastrophenschutz auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um alle erforderlichen Ressourcen zur Evakuierung von Moria und den Lagern auf Chios, Kos, Leros und Samos zu mobilisieren. Dies ist ein Gebot der öffentlichen Gesundheit“, heißt es in dem eingangs erwähnten Offenen Brief.
An der heutigen Kundgebung teilnehmen werden in Vertretung für alle, die auch dafür sind: Dr. Peer Stolle (Rechtsanwalt und Vorstandsvorsitzender des Anwalt*sverein RAV); ; Shermin Langhoff (Intendantin des Maxim Gorki-Theaters); Dr. Ulrich Schneider (Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands); Markus N. Beeko (Generalsekretär von Amnesty International Deutschland); Martina Mauer (Flüchtlingsrat Berlin); Martina Schwarzer (Seebrücke); Sabine Will (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges); Dietrich Koch (Xenion: Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.V.); Hamid Nowzari (Verein iranischer Frauen); Wolfgang Kaleck (Rechtsanwalt und Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights); Anna Spangenberg (Pressesprecherin im Bündnis #unteilbar); Werner Koep-Kerstin (Bundesvorsitzender der Humanistischen Union); Tom Jennissen (Komitee für Grundrechte und Demokratie/Bürgerrechte & Polizei); Berenice Böhlo (Rechtsanwältin und Vorstandsmitglied im RAV).
Livestream heute (Donnerstag, 23.4.) ab 17 Uhr: https://www.rav.de/projekte/griechische‐lager‐evakuieren/
Der Offene Brief (in englisch) im Wortlaut: https://www.evacuate-moria.com/
https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/fluechtlingslager-moria-und-das-coronavirus-wenn-man-jetzt-krank-wird-hat-man-pech/25689280.html