Der Staat ist verpflichtet, innerhalb seiner Grenzen das Überleben aller zu sichern. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung am letzten Dienstag: Das Sozialgericht von NRW wies damit das Jobcenter Wuppertal an, einem obdachlosen Portugiesen die mit Hartz IV verbundenen Leistungen zu gewähren. Es sei "gerade in der derzeitigen Extremsituation aufgrund der Pandemiesituation völlig unverständlich, wie die Antragsgegnerin hier Leistungen verweigern kann“, so Richterin Linnenkämper in dem Beschluss. "Einem ausländischen Obdachlosen, der wegen geschlossener Grenzen in Europa derzeit auch nicht in sein Heimatland zurückreisen kann, um gegebenenfalls dort Sozialleistungen zu beantragen, ist nach Auffassung des Gerichts nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch hier von deutschen Behörden ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewähren, das sein Überleben in dieser Zeit sichert, zumal aufgrund der Einschränkungen des öffentlichen Lebens es derzeit für Obdachlose mehr als schwierig sein dürfte, auf der Straße Leistungen gegebenenfalls zu erbetteln."

Was speziell formuliert ist, könnte Signalwirkung haben. "Das Sozialgericht hat damit die überfällige Gewährleistungspflicht des Staates für ein menschenwürdiges Existenzminimum und somit dem Überleben in dieser Corona-Pandemie klargestellt", kommentiert Harald Thomé vom Erwerbslosenverein Tacheles den Düsseldorfer Beschluss. Dieser sei "ein Meilenstein". Denn ums Überleben geht es ja auch noch nach der Pandemie.

Das Heimatland des Betroffenen gilt bei der Gewährung von Sozialleistungen derzeit als vorbildlich: Als Mitte März die Behörden schlossen, wurde allen, deren Visum ausgelaufen war oder die bis dahin einen Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung gestellt hatten, eine solche automatisch bis Anfang Juli gewährt. Damit werden sie in die Sozial- und Krankenversicherung aufgenommen, und sie können eine Erwersarbeit aufnehmen oder ganz normal Arbeitslosengeld beantragen. "Die Gewährleistung des Zugangs auch von Migrantinnen und Migranten zu Gesundheit, sozialer Sicherheit sowie zur Stabilität von Arbeitsplätzen und Wohnungen ist in Krisenzeiten eine Pflicht einer solidarischen Gesellschaft", so Innenminister Eduardo Cabrita. Zuvor hatten allerdings 20 Immigrant*enverbände und Hilfsorganisationen in einem Brief an die Regierung eine Lösung für diese Menschen verlangt.

https://www.lokalkompass.de/iserlohn/c-politik/jobcenter-muss-obdachlosem-eu-buerger-hartz-iv-zahlen_a1349631

https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/coronakrise-jobcenter-muss-obdachlosem-eu-buerger-hartz-iv-zahlen-a-7a7e8808-4a13-4607-a0b1-5b7c4e5afee6?fbclid=IwAR1tB_MW8_bOPlh9X9pmMZRZjsl89TPc-sklyI5c_YvPzTsvPtXQMbgoebI

Die Entscheidung vom Sozialgericht Düsseldorf im Wortlaut:

https://harald-thome.de/fa/redakteur/Harald_2020/EU_Buerger_SG_DRS_v._14.04.202014042020.pdf

Zu Portugal:

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1134921.gefluechtete-in-portugal-ohne-solidaritaet-geht-es-nicht.html

https://taz.de/Portugal-zeigt-Solidaritaet-in-Coronakrise/!5673289/

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