Give away-Fest ist österreichisch für einen Umsonst­flohmarkt - natürlich mit Kaffee, Kuchen und was dazugehört. Vom Wienerischen Landgut Cobenzl hat uns die Nachricht schon Ende Juni erreicht, dass es wieder los geht mit den Give Away-Festen – halt mit etwas Abstand. Aber überall kopierbar. Wie so ein Give Away-Fest aussieht, lässt sich schon mit einem kurzen Blick ersehen in ein etwas längeres Video.

Diese Praxis, abzugeben, was mensch selbst nicht mehr braucht, entspricht den Krisentipps einer Aufräum­beraterin: Ausmisten sei in Zeiten von Corona Selbstermächtigung. Insofern könnte ja schon so einiges an abzugebenden Gegenständen bereit stehen. Und wo noch nicht: „Die Idee sollte nicht sein, noch irgendwo Geld rauszupressen, sondern Frische an die Seele zu lassen“.

Das gilt auch nach Corona, und entspricht darüber hinaus dem Prinzip Besitz statt Eigentum, das eine Grundlage darstellt für eine bedürfnisorientierte Gesellschaft. Denn Eigentum bedeutet künstliche Verknappung ausreichender Güter. Das greift nicht die Besitzrechte an. Doch wenn etwas nur noch herumsteht und nicht mehr benutzt wird, verlieren wir den Besitz daran, denn dieser definiert sich übers in Gebrauch nehmen. Nur noch die Rechtsform Eigentum erlaubt, dass wir es ‚unser‘ nennen. Die Eigentumsform ist aber alles andere als selbstverständlich. Vor der Neuzeit gab es kein Eigentum. Besitz definierte sich durch das Benutzen. Und schloss die Vernichtung des Besitzes aus. Selbst wenn ein Mensch im Mittelalter eine Burg besaß, durfte er sie nicht zerstören – sie war ihm von Gott zur Verfügung gestellt worden. Darauf macht auch die Philosophin Eva von Redecker immer wieder aufmerksam.

Dass Eigentum ohne Besitz möglich ist, war aber notwendig, um von anderen Pacht, später auch Miete, Kauf oder Arbeit von einem Rechtsverständnis legitimiert einzufordern. Und dass Eigentum auch das Recht zur Zerstörung mit sich bringt, stammt wie das Eigentumsrecht aus der römischen Sklavenhaltergesellschaft, so der Anthropologe David Graeber (hier zitiert auf S.96). Das Recht des pater familias, Sklav*innen zu töten, wurde erst auf seine Kinder und seine Schuldner übertragen, und schließlich auf das Zerstören von Gegenständen.

Weil es um Besitz statt Eigentum geht, macht es mehr Sinn, Umsonstläden (wie in Potsdam) Umverteiler zu nennen als Schenkladen (wie z.B. in Berlin). Hauptsache ist aber natürlich die Praxis! Wie die auf Give away-Festen.

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